++***++ Fuchsien-Rückschnitt - wann und wie ++***++

Fuchsien-Rückschnitt

Wirklich notwendig oder eingeredetes jährliches Übel?

Ich habe mich lange davor gedrückt, den entsprechenden Teil bezüglich des Fuchsienrückschnittes im Herbst ins Netz zu stellen. Wie Sie vielleicht schon an anderer Stelle bemerkt haben, ist meine Einstellung zum Pflanzenrückschnitt im Herbst - so wenig wie möglich oder nur wenn unumgänglich. 

Wenn Sie nun fragen warum? Dann ist meine Antwort darauf - Erfahrungswerte, die bis in Kindheitstage zurückreichen (Stichworte: jährliche Rosenverstümmelung oder Bubikopfschnitt bei Sträuchern).  Derart entstellte, ihrem natürlichen Wuchs zuwider getrimmte Pflanzen, lösen gsd seit einigen Jahren auch bei Kübelpflanzenfreunden immer öfter ein Kopfschütteln aus.

Als Gründe dafür werden von den Leuten, wenn sie danach gefragt werden, warum Sie es tun immer solche angeführt wie - das haben wir immer so gemacht, ich hab wenig Platz im Winterquartier, die Pflanzen treiben dann besser durch, ich möchte der Fuchsie einen Standardform geben, ich muss die Weißen Fliegen vor dem Einräumen irgendwie loswerden usw.

Auf den ersten Blick - haben diese Einwände ja durchaus ihre Berechtigung. Gehören auch sie zu denjenigen, die zum jährlichen Rückschnitthallali blasen?

Das Gärtner von Natur aus dem Regimen der Gartenschere verfallen sind - ja das ist kein offenes Geheimnis. Formtrimmen, Stecklinge schneiden und phytosanitäre Maßnahmen durchführen gehören ja quasi zum grundlegenden Handwerkszeug eines jeden Gärtners. Schließlich muss ja für den Kunden im Frühjahr Ware bereitgestellt werden, die gesund ist und auch attraktiv aussieht. Das, was dem Kunden meist verborgen bleibt, ist, dass die Gärtner tief in die Trickkiste greifen müssen, um diese Ziele zu erreichen. So stehen etwa am Arbeitsplan Düngen bei jeder Wässerung, die monatliche Fungiziddusche, eventuell eine Behandlung mit einem Wachstumsregulator oder das Induzieren einer früheren Blüte mit Zusatzlicht. 

Und mittlerweile haben Gärtner auch entdeckt, dass sie ihr Wissen in Bezug auf die Thematik Rückschnitt zu Geld machen können. So werden hierzu mittlerweile eigene Rückschnittseminare dazu angeboten und auf Youtube kann man einiges an Filmchen zum Thema runterladen. Sie werden erstaunt sein, was Ihnen da alles aufgetischt wird.


Doch macht die Sache auch physiologisch Sinn und hat die Natur das eingeplant? oder dient er mitunter nicht nur dazu Pflegefehler, die über die Gartensaison gemacht wurden zu vertuschen und zu beseitigen? Und wann ist hierfür der beste Zeitpunkt im Gartenjahr? 

Es gilt hier, und das sei hier ausdrücklich angemerkt - jeder nach seinem persönlichen Geschmack. Mit meinen Ausführungen möchte ich Sie lediglich ein wenig zum Nachdenken bringen.


Grundsätzlich würde ich hier vorab mal unterscheiden, ob sie die Pflanzenzucht und -haltung kommerziell oder nur als Liebhaberei betreiben. Denn es gelten hier schlussendlich andere Ansätze.

Für einen Gärtner, der seine Mutterpflanzen hell überwintert und diese im Herbst nach dem Rückschnitt wieder im hellen Gewächshaus antreibt, ist dies neben einer Platzfrage sicherlich auch eine phytosanitäre Frage.

Denn eingeschleppte Pilzkrankheiten und Insekten können über die Wintermonate hinweg einiges an Schaden anrichten und Zusatzkosten in beträchtlicher Höhe verursachen. Den Rückschnitt in den verholzten Teil um ca. ein Drittel der Trieblänge verkraften die Pflanzen an sich locker. Der beste Zeitpunkt hierfür ist im Spätherbst nach den ersten Morgenfrösten. Gut ausgereiftes Triebmaterial ist weniger anfällig für Pilzinfektionen.

Die Pflanzen scheiden nach dem Rückschnitt an den Schnittflächen nicht nur Zellsaft aus, sondern auch einen enzymatisch-chemischen Cocktails in Form von Cyanidmaterial (Phenolierung), der tierische oder pflanzliche Eindringlinge aufhalten soll, bis die Schnittflächen abgetrocknet sind. Lassen sie frische Schnittflächen unbedingt abtrocknen. Es ist auch ratsam diese nicht unbedingt mit den Händen zu berühren. Da auf der Haut sitzende übertragene menschliche Hexonukleasen, Fette und andere Proteine auch als Fremdkörper gewertet werden.


Eine Stecklingsgewinnng aus dem anfallenden Material - soferne gesund -  ist möglich. Doch Herbststecklinge bewurzeln mitunter sehr schwer! Neuere Vermehrungstechniken wie Aeroponics können hier mithelfen Hürden diesbezüglich zu überwinden.


Werden jedoch so wie in Privathaushalten andere Überwinterungsmöglichkeiten als die jene im temperierten Gewächshaus bemüht, so kann das bereits zu einem Verlust an Pflanzenmaterial im Winterquartier führen. Für manche schwachwachsende Fuchsiensorten und Wildarten, die auf Rückschnitt empfindlich reagieren oder Fuchsiensorten, die ohne Pflegeschutzmaßnahmen gehalten wurden, ist dies mitunter der vorprogrammierte Kill und physiologisch gesehen falsch. 

Fuchsien kommen aus temperierten Gegenden der Welt und viele Arten wachsen das ganze Jahr - ein Rückschnitt ist hier nicht vorgesehen. Wenn Sie mal vor einer 4m hohen Fuchsia arborea stehen und diese über und über mit Beeren und Blüten übersät ist, dann werden sie vielleicht eher verstehen, was ich meine.


Deshalb raten wir Ihnen den Rückschnitt erst im Frühjahr, wenn überhaupt notwendig nach dem Austrieb durchzuführen. Sie sehen dann nämlich welche Teile - wieweit zurückgetrocknet sind. Pflanzen die gut gepflegt sind (also frei von Fuchienrost und anderen Pilzkrankheiten sind) werden weniger Anzeichen für's Rücktrocknen zeigen. Das Verhalten ist bei Hybriden mitunter aber von Sorte zu Sorte verschieden und hängt auch von Ihren Pflegekünsten im Winterquartier und den Bedingungen im Winterquartier ab. Wenn Pflanzenteile zurücktrocknen, so gibt es an den Pflanzen, das ist eine empirische Beobachtung, immer wieder Grenzen, wieweit sie das tun. Schwache Triebe bis zum Basisansatz des übergeordneten Astes - oder stark verholzte Triebe bis zu einem der ruhenden Knospenansätze in der Rinde. 

Pflanzen, die in Saft stehen und ein intaktes physiologisches Gleichgewicht haben, können mit Schnittmaßnahmen grundsätzlich besser umgehen als Pflanzen, die sich in einer erzwungenen Ruhepause befinden. Die Abnahme eines Stecklings während der Vegetationsperiode führt nicht automatisch zu einem weiten Rücktrocknen der Treibe - sondern ganz im Gegenteil - zu neuem Wachstum! Wenn der Rückschnitt selbst einer formgebenden Massnahme dient, dann sollte er grundsätzlich im Frühjahr oder während der Vegetationsperiode durchgeführt werden.


Luftfeuchte Keller oder andere Überwinterungsmöglichkeiten mit erhöhter Luftfeuchtigkeit (dazu gehören auch kondenswassergesättigte Wintergärten) begünstigen die Schimmelpilzbildung oder allgemein Pilzaktivitäten. Deshalb sollte an günstigen Tagen auch im Winter mal Frischluft an ihre Pflanzen ran. Die Schnittflächen stellen dann allerdings bevorzugte Infektionsflächen für eine Hypheninfektion von Schadpilzen dar. Deshalb ist eine Kontrolle wichtig und oft ein weites Rücktrocknen vorprogrammiert! Entfernen Sie sichtbar befallenes Material, damit die Infektion über das Gefäßsystem der Pflanzen nicht fortschreiten kann. Achten sie auch auf entsprechende Deinfektionsmassnahmen beim Arbeitswerkzeug.



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